Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem starken Wandel. Seit Jahren ist ein Trend zu Tätigkeiten in der häuslichen Umgebung in einem sogenannten  „Home Office“ festzustellen.

Bislang war unklar, ob die Tätigkeiten auch der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen und Unfallereignisse versichert sind. Mit Urteil vom 27.11.2018 wurde dies durch dass Bundessozialgericht bejaht. Im konkreten Fall ist die Klägerin auf einer Kellertreppe ihres Wohnhauses, auf dem Weg zu ihrem Büro gestürzt.. Das BSG vertrat die Auffassung, dass es nicht daruf ankam, dass der Unfall in der häuslichen Umgebung stattfand sondern in erster Linie daruf, dass sich der Unfall in Ausübung der beruflichen Tätigkeit ( auf dem Weg zur Arbeit) ereignete. Das BSG hat dies wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des LSG ist für den Versicherungsschutz in derartigen Home-Office-Fällen unerheblich, ob die Kellertreppe wesentlich privat genutzt wurde oder dem Unternehmen bzw seinen Betriebszwecken wesentlich diente. Zwar hat der Senat in seiner früheren Rechtsprechung auf das Kriterium der „objektiven“ Nutzungshäufigkeit des Unfallorts abgestellt, in diesem Zusammenhang aber bereits auf rechtliche Schwierigkeiten in zwei Fallgruppen hingewiesen: Neben der – hier vom LSG zu Recht verneinten – Fallgestaltung der Unfälle, die durch eine Rufbereitschaft und die damit verbundene Notwendigkeit, sofort zu handeln, geprägt sind (BSG vom 12.12.2006 – B 2 U 28/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr 20, RdNr 15 ff und 18 ff, jeweils mit zahlreichen Nachweisen), stellt sich die Konstellation als problematisch dar, in der Unfälle sich in Räumen oder auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Arbeitsstätte zugeordnet werden können. Der Senat hatte schon damals Zweifel geäußert, ob an der Rechtsprechung, die zur Feststellung eines versicherten Betriebswegs im häuslichen Bereich am Ausmaß der Nutzung des konkreten Unfallorts anknüpft, festgehalten werden kann (s BSG vom 5.7.2016 – B 2 U 5/15 R – BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr 35, RdNr 25 – „Sturz beim Wasserholen“).c) Mit Urteil vom 31.8.2017 (B 2 U 9/16 R – BSGE 124, 93 = SozR 4-2700 § 8 Nr 63 – „Friseurmeisterin“), das das LSG nicht berücksichtigen konnte, hat der Senat seine Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls im häuslichen Bereich künftig die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen, den Ausschlag gibt und nicht mehr vorrangig auf die – quantitativ zu bestimmende – Häufigkeit der betrieblichen oder privaten Nutzung des konkreten Unfallorts abzustellen ist, also auf eine wie auch immer geartete objektive „Widmung“ der jeweiligen Räumlichkeiten oder die Häufigkeit bzw das Ausmaß der „betrieblichen“ Nutzung des konkreten Unfallorts (zur Ablösung des ausschließlich räumlichen Ansatzes vgl auch Ricke, WzS 2017, 9, 13; Spellbrink, NZS2016, 527, 530 RdNr 34, dersMedSach 2018, 164, 168). Unfallversicherungsschutz durfte das LSG folglich nicht allein deshalb versagen, weil nach seiner Auffassung „keine wesentliche betriebliche Nutzung der Kellertreppe anzuerkennen“ ist (vgl auch das Parallelurteil des Senats vom heutigen Tage, BSG vom 27.11.2018 – B 2 U 8/17 R – „Softwareupdate“). Ob ein Weg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich vielmehr vorrangig nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG vom 18.6.2013 – B 2 U 7/12 R – SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13 mwN – „Pizzeria Calabria“). Entscheidend ist daher, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck die Klägerin in dem Moment des Unfalls ausübte. Diese ständige Rechtsprechung des Senats, die für Wege gilt, die außerhalb des Wohngebäudes zurückgelegt werden, ist auch innerhalb der häuslichen Sphäre bei Wegen von dem persönlichen Lebensbereich zu der im selben Haus gelegenen Arbeitsstätte heranzuziehen (BSG vom 5.7.2016 – B 2 U 5/15 R – BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr 35, RdNr 25 – „Sturz beim Wasserholen“)( Quelle: Entscheidungssammlung BSG Urteil vom 27.11.2018, B 2 U 28/17 R)

 

Rainer Horbas

Fachanwalt für Sozialrecht

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