Rentenrecht - Aktuelles

Statusfeststellungsverfahren nach § 7 a SGB IV

Wir vertreten Geschäftsführer, deren mitarbeitende Angehörigen, Auftraggeber, Selbständige, Freie Mitarbeiter und sogenannte Freelancer bei der Überprüfung der etwaigen Sozialversicherungspflicht im sogenannten Statusfeststellungsverfahren.

Soll das Risiko einer Scheinselbstständigkeit bei der Beschäftigung eines Selbständigen ausgeschlossen werden, ist das Statusfeststellungsverfahren in der Form „freiwilliges Anfrageverfahren“ das richtige Verfahren. Bei der Einstellung von Geschäftsführern und nahen Familienangehörigen ist das Verfahren zwingend durchzuführen.

Bei Verdacht auf Scheinselbständigkeit sollte das Statusfeststellungsverfahren jedoch nicht ohne vorherige qualifizierte Prüfung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt eingeleitet werden. Das Statusfeststellungsverfahren schützt nämlich nicht vor Nachforderungen der DRV bei Feststellung von Scheinselbständigkeit. Fehler im Antragsverfahren können enorme Nachforderungen verusachen, die teilweise existenzgefährdend sind. Wichtig ist es daher bereits im Antragsverfahren die Tatsachen im richtigen rechtlichen Kontext vorzutragen um spätere Mißverständnisse auszuschließen. Die seitens der Clearingstelle der Rentenversicherung zur Verfügung gestellten Formulare sind teilweise so komplex, dass ohne rechtliche Beratung das Ausfüllen derselben bereits Schwierigkeiten bereitet.

Soweit eine abhängige Beschäftigung , also keine echte Selbständigkeit angenommen wird, besteht die Verpflichtung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ( bestehend aus den Beiträgen zur Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) abzuführen, was für die „Schein-“ Selbständigen und deren Aufzraggeber gravierende Folgen auch für sdie Vergangenheit hat, da die Beitrag auch für die Vergangenheit nachträglich entrichtet werden müssen.

Das Bundessozialgericht hat Kriterien entwicklet, die für eine (n) Arbeitnehmer/ – in sprechen. Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist hierbei die Frage der persönlichen Abhängigkeit von dem jeweiligen Aufztraggeber. Persönliche Abhängigkeit, das heißt Eingliederung in den Betrieb und Weisungsrecht des Arbeitgebers/Auftraggebers bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Ausführung der Arbeit

  • Keine Entscheidungsfreiheit, wann und wie viel Betriebsmittel/Produktionsmittel/Transportmittel angeschafft werden und wie die Anschaffung finanziert wird
  • Leistungserbringung nur in eigener Person, nicht durch Möglichkeit der Einschaltung Dritter
  • Verpflichtung, angebotene Aufträge anzunehmen
  • Kein eigenes Betriebskapital ist eingesetzt
  • Keine Entscheidungsfreiheit über die Zahlweise von Kunden
  • Kein Entscheidungsspielraum bezüglich Preiskalkulation
  • Dokumentationspflicht über Arbeit (detaillierte Berichtspflicht)
  • Keine Möglichkeit, die Arbeit zu delegieren etwa Verpflichtung, Arbeit selbst zu erbringen
  • Kein Recht, Aufträge abzulehnen
  • Bindung nur an einen Vertragspartner (Ausschließlichkeitsklausel)
  • Keine eigene Kundenakquisition
  • Leistungen werden ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers/Arbeitgebers erbracht
  • Unterwerfung unter ein umfangreiches Vertragswerk des Auftraggebers/Arbeitgebers ohne eigenen Gestaltungsspielraum
  • Existenz von Auftragsvertrags- und Überwachungssystemen, die eine laufende Kontrolle (etwa über ein Betriebs-Funksystem) ermöglichen
  • Tätigkeit ist nach der Verkehrsanschauung nicht dem klassischen Bereich der Selbständigkeit zuzuordnen, sondern dem der abhängigen Beschäftigungsverhältnisse
  • Kein Unternehmerrisiko
  • Tarifliche Urlaubs- etwa gesetzliche Lohnfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall
  • Festes Gehalt, keine Umsatzbeteiligung
  • Die Höhe der Entlohnung liegt nicht völlig außerhalb der für einen entsprechend qualifizierten Arbeitnehmer üblichen Entlohnung
  • Keine feste Wochengebühr/Kaution/Bearbeitungsgebühr oder wöchentliche Versicherungspauschale wird an Auftraggeber gezahlt
  • Keine eigenen Werbungsmöglichkeiten
  • Keine eigenen Geschäftsräume
  • Keine eigenen Geschäftsbücher
  • Keine Verwendung eigener Firmenbriefbögen
  • Finanzamt bewertet Einkünfte als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit
  • Keine Gewerbeanmeldung, keine Veranlagung zur Gewerbesteuer
  • Keine Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer und keine Beitragszahlungen
  • Keine eigene Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer)

Geregelt ist das Verfahren in § 7a SGB IV. Dort heisst es wie folgt:

(1) Die Beteiligten können schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Absatz 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.
(5) Die Deutsche Rentenversicherung Bund fordert die Beteiligten auf, innerhalb einer angemessenen Frist die Tatsachen anzugeben, die eine Widerlegung begründen, wenn diese die Vermutung widerlegen wollen.
(6) Wird der Antrag nach Absatz 1 innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.
(7) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, haben aufschiebende Wirkung. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

Der schwierige Weg zur Anerkennung eines Wegeunfalles als Arbeitsunfall durch die Berufsgenossenschaften

In einem aktuell vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall war es so, dass der Kläger auf dem Weg zur Arbeit zunächst den Fahrbahnzustand aufgrund der winterlichen Temperaturen überprüfen wollte um unmittelbar anschließend die Fahrt zur Arbeit zu beginnen. Hierbei stürzte der Kläger. Die Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall nicht als Wegeunfall an und lehnte jegliche Leistungen ab. Sowohl SG als auch das Landessozialgericht lehnten den Klageantrag ab.

Die Revision hatte keinen Erfolg. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Kläger keinen in der gesetzlichen Unfallversicherung gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Wegeunfall erlitten hat, als er auf dem Weg zu seinem PKW stürzte, nachdem er zuvor die Fahrbahn auf Glätte untersucht hatte. Versichert ist in der gesetzlichen Unfallversicherung als Vorbereitungshandlung der eigentlichen Tätigkeit jeweils nur das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach dem Ort der Tätigkeit. Der Kläger hat diesen unmittelbaren Weg zwar zunächst angetreten, als er die Haustür seines Wohnhauses durchschritt. Diesen Weg hat er aber sodann unterbrochen, weil er, nachdem er die Arbeitstasche in seinem vor dem Haus abgestellten PKW abgelegt hatte, zu Fuß auf die Straße ging, um persönlich den Straßenzustand zu prüfen. Diese Vorbereitungshandlung stand nicht mehr in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Zurücklegens des Weges. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Auftreten und Beseitigen eines unvorhergesehenen Hindernisses auf dem Weg versichert sein kann (umgestürzter Baum etc). Nach den Feststellungen des LSG war die Straßenglätte für den Kläger schon nicht unvorhersehbar im Sinne der bisherigen Rechtsprechung. Der Kläger erfüllte aber auch keine zwingende straßenverkehrsrechtliche Pflicht, als er durch persönliche Inaugenscheinnahme die Straße prüfte. Nach den Regelungen der StVO besteht eine Rechtspflicht lediglich dahingehend, die Fahrweise den Fahrbahnverhältnissen anzupassen und so langsam zu fahren, dass das Fahrzeug jederzeit gefahrlos angehalten werden kann. Eine Prüfpflicht der Straßenverhältnisse durch ein Aussteigen aus dem Fahrzeug oder ähnliche Handlungen wird in der straßenverkehrsrechtlichen Rechtsprechung allenfalls im Hinblick auf die besonderen Pflichten des § 2 Abs 3a S 5 StVO beim Transport von Gefahrgütern gefordert. Die Handlungsweise des Klägers mag aus seiner Sicht „vernünftig“ gewesen sein, objektiv erforderlich oder rechtlich geboten war sie hingegen nicht. Die rein subjektive Überzeugung von der Erforderlichkeit einer Vorbereitungshandlung bzw einer Unterbrechung des Wegs kann diese Handlung aber noch nicht zu einer versicherten Tätigkeit machen. Andernfalls käme es – ohne dass eine entsprechende Rechtspflicht besteht – jeweils auf die subjektiven Überzeugungen des Versicherten von der Notwendigkeit seines Handelns an, so dass durch jede nachvollziehbare Übervorsichtigkeit eines Kraftfahrzeugfahrenden Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung begründet werden könnte.

SG Koblenz – S 15 U 170/13 –
LSG Rheinland-Pfalz – L 3 U 112/14 –
Bundessozialgericht – B 2 U 3/16 R –

Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten bereits bei der Meldung eines Wegeunfalles oder Arbeitsunfalles rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, weil oftmals die entscheidenden Unfallanzeigen Fehler zum Unfallhergang aufweisen, die später nicht, zumindest schwer korrigiert werden können.

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Rainer Horbas, Neumarkt 11
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Wilhelm – Leuschner- Platz 12
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